Zwischen Loslassen und Unterstützen – die Balance finden
Folge “Erziehungsratgeber” in Zusammenarbeit mit den Freiburger Nachrichten
„Man sagt mir nach, dass ich ein ängstlicher Vater bin und meinen Sohn überbehüte. Ich möchte ihn nur vor Gefahren schützen, damit er sicher aufwachsen kann. Deshalb gehe ich immer mit ihm auf den Spielplatz vor unserem Haus, damit er nicht zu hoch auf den Kletterturm klettert oder zu wild schaukelt. Seit Kurzem will er aber auch alleine in den Kindergarten gehen. Obwohl er keine Strasse überqueren muss, halte ich meine Begleitung für wichtig. Schliesslich sucht er abends unsere Nähe und will auf dem Sofa kuscheln - ist das nicht ein Zeichen, dass er noch nicht reif genug ist?“
Die Kindergartenzeit kann mit einem grossen Entwicklungsschritt verbunden sein - dem Übergang vom Kleinkind zum Kind. Damit sich Kinder gesund entwickeln, brauchen sie einerseits die Möglichkeit, selbstständig Erfahrungen zu sammeln, andererseits aber auch Geborgenheit und Sicherheit. Wer Fehler machen darf, kann daraus lernen. Diese Erfahrungen geben Kindern die Chance, eigene Lösungswege zu entwickeln. So lernen sie, mit Gefahren umzugehen und ihre eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und stärken ihr Selbstvertrauen für die nächsten Herausforderungen.
Zum Thema Selbstvertrauen finde ich dieses Zitat von Pippi Langstrumpf sehr passend: „Das habe ich noch nie versucht, also bin ich mir ganz sicher, dass ich es schaffe.“
Gerne ermutige ich sie, darüber nachzudenken, wie ein Übergang gestaltet werden könnte, der sowohl ihr Bedürfnis nach Sicherheit als auch das Bedürfnis ihres Sohnes nach Autonomie berücksichtigt.
Gerne teile ich hier einige Ideen mit ihnen:
Das Kind übt, kurze Wege in der Nachbarschaft alleine zurückzulegen. Auch das kurze Verweilen alleine auf dem Spielplatz, während sie ihren Sohn aus der Distanz beobachten, wäre ein Übungsfeld. Sie haben so die Sicherheit, dass es ihm gut geht und greifen erst ein, wenn es wirklich nötig ist. Kinder haben ihre eigenen Lösungsstrategien, die wir nicht immer nachvollziehen können. Auch das gilt es auszuhalten und zu akzeptieren. Wenn die Kinder wieder in ihr Spiel zurückfinden, brauchen sie unsere Unterstützung nicht.
Dieses schrittweise Loslassen lässt sich auf dem Weg zum Kindergarten weiter ausbauen. Sie begleiten zwar ihren Sohn weiterhin, aber eben aus der Ferne und laufen nicht direkt neben ihm.
Der nächste Schritt könnte sein, sich auf halbem Weg zu verabschieden, damit er den Rest des Weges alleine gehen kann.
In diesem Prozess behalten Sie als Vater immer den Überblick, lernen Schritt für Schritt loszulassen und schenken ihrem Sohn das nötige Vertrauen und die Sicherheit, dass er diese Situationen gut meistern wird.
Unsere Aufgabe als Eltern ist es nicht, den Kindern alle Steine aus dem Weg zu räumen, sondern ihnen zu zeigen, wie sie Hindernisse überwinden oder umgehen können. Indem wir ihnen Vertrauen schenken und Fehler als Lernprozess verstehen, begleiten wir die Kinder Schritt für Schritt zu selbstständigem und verantwortungsbewusstem Handeln für ihre Zukunft.